Johanna Loewenherz – eine Frauenrechtlerin, die ihrer Zeit voraus war
Die jüdische Autorin, Frauenrechtlerin und Sozialistin Johanna Loewenherz lebte von 1857 bis 1937 in Rheinbrohl im Landkreis Neuwied in Rheinland-Pfalz.
Da die Nationalsozialisten ihren Nachlass zerstörten, ist nur recht wenig vom Leben der Johanna Loewenherz bekannt. Soviel jedoch steht fest: Sie war eine Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Unermüdlich setzte sie sich für die Belange von Frauen ein und vermachte selbst ihr Vermögen diesem Zweck.
So bestimmte sie in ihrem Testament, dass ihr Vermögen „zum Besten von Frauen, die sich irgendwie und auch irgendwo um die Frauensache verdient gemacht haben“, eingesetzt werden solle. Außerdem sollte ihrem Testament zufolge aus ihrem Haus ein Erholungs-heim für Frauen, die besondere künstlerische, literarische oder wissenschaftliche Leistungen erbracht haben, oder für Frauen, die sich gegen das Unrecht Frauen gegenüber eingesetzt haben, gemacht werden.
Erst 1984 – 47 Jahre nach ihrem Tod – wurde allerdings begonnen, dem Testament der Johanna Loewenherz Folge zu leisten. Der Kreis Neuwied gründete die Johanna-Loewenherz-Stiftung, die seit 1987 in Jahren mit ungeraden Jahreszahlen Ehrenpreise und in Jahren mit geraden Jahreszahlen Stipendien vergibt. Die erste Ehrenpreisträgerin war die damalige Präsidentin des Europaparlamentes Simone Veil.
Johanna Loewenherz forderte unter anderem eine Frauenquotierung für die Delegiertenversammlungen und ein Zusammenwirken der Frauen aus allen Schichten. Auch im Privatleben war sie als alleinerziehende jüdische Mutter sehr modern. Ihr unehelicher Sohn Karl-Fritz wurde 1900 geboren und starb 1933, vermutlich an einer Blutvergiftung. Die Identität seines Vaters verschwieg Johanna Loewenherz.
Die Frauenrechtlerin war nicht nur politisch als Rednerin auf Parteiveranstaltungen der SPD und als Verfasserin von Aufsätzen wie Wird die Sozialdemokratie den Frauen Wort halten? (1895) oder ihrem Hauptwerk Prostitution oder Produktion – Eigentum oder Ehe? (1895) aktiv, sondern betätigte sich auch literarisch. So erschien 1890 anonym ihr Versepos Der Drachenfels. Außerdem schrieb sie unter dem Pseudonym L. Vonderwied das Libretto der Oper Das Mädchen vom See, vertont von Otto Klauwell und 1889 in Köln uraufgeführt sowie das Trauerspiel Gertrud (1892).
Johanna Loewenherz zeichnete sich durch ihren herausragenden Intellekt und ihre rhetorischen Fähigkeiten sowie durch ihr großes soziales Engagement und ihre Empathie mit sozial benachteiligten Frauen aus. Allerdings stellte die Zeit, in der sie lebte, ihrem frauenpolitischen Engagement viele Hindernisse in den Weg. Da nach dem preußischen Vereinsgesetz von 1850 Frauen jegliche politische Vereinsarbeit und Agitation untersagt war, wurde Johanna Loewenherz durch die Polizei überwacht und für ihr politisches Engagement auch vor Gericht zur Verantwortung gezogen.
Aufgrund ihrer politischen Überzeugungen wurde Loewenherz am 14. April 1933 verhaftet und musste bis zum 5. Mai 1933 im Polizeige-fängnis Neuwied bleiben. Auch dann wurde sie nur unter der Zusicherung entlassen, sich jedweder politischen Betätigung zu enthalten und sich zweimal wöchentlich auf dem Polizeirevier zu melden.
Johanna Loewenherz starb 1937 im Alter von 81 Jahren. Selbst nach ihrem Tod wurden dem frauenpolitischen Engagement von Johanna Loewenherz Steine in den Weg gelegt, da die nationalsozialistischen Gesetze die Einrichtung einer Stiftung aus jüdischem Vermögen nicht erlaubten. Umso wichtiger und erfreulicher ist es, dass seit 1988 über 20 Frauen Stipendien der Johanna-Lowenherz-Stiftung erhalten haben und so der Name Johanna Loewenherz und das, was damit verbunden wird – frauenpolitisches Engagement aus tiefster Überzeu-gung – nicht in Vergessenheit geraten.
Hier geht es zur Johanna Loewenherz-Stiftung.